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BANDPROBE_

Claudia Funke, Bandprobe
Die Situation als Musiker in einer Band zu spielen unterscheidet sich wesentlich vom
künstlerischen Schaffen in einem Atelier: Der Proberaum, in dem die Band ihre Stücke und
Songs entwickelt, ist ein Ort gemeinschaftlicher kreativer Produktion, während Känstler allein
mit der leeren Leinwand konfrontiert sind.
Für Antonia Nordmann und Katja Pudor ist der Begriff ’Bandprobe’ zu einem Synonym
geworden für die gleichzeitige Zusammenarbeit verschiedener Künstlerinnen und Künstler in
einem ’Bildraum’. Das Ziel dabei ist, die eigene Arbeit und Schaffensweise vor Ort so
einzubringen, dass “das gemeinsame Ganze eine Form kriegt, und zwar ein gute, die das
transportiert, was man transportieren möchte.” Ähnlich funktioniert das Zusammenspiel
einer Band, in der jeder die musikalische Inspiration, das Instrument oder die Stimme
einbringt, um im gleichen Moment und im Einklang einen Sound zu kreieren. In diesem
Prozess des Miteinanders ist das einander Zuhören sowie das spontane schöpferische
aufeinander Eingehen ebenso essentiell wie die gegenseitige Abgrenzung voneinander.
Nordmann und Pudor stellten fest, dass sie beide ähnlich spielerisch mit ihrem
künstlerischen Material umgehen und begannen, abwechselnd in ihren jeweiligen Ateliers
zusammen eine gemeinsame Arbeit zu schaffen. Daraus erwuchs die Idee, mehrere Künstler
zu zeitlich auf wenige Stunden begrenzte Proben einzuladen. Ihre Arbeitsweise und die
Verwendung heterogener Materialien wie z.B. Stoffe, Holz, Tape, Lichtprojektionen, Farben,
Sound, Seile, Draht, Folie und Styropor erinnert an das Sampeln von Versatzstücken in der
Musik. Sie betont das Prozesshafte, Fragile und Austauschbare und spiegelt die Flüchtigkeit
und Geschwindigkeit unserer Wahrnehmung raumzeitlicher Bewegung. Dabei ist das
anfangs intuitive Vorgehen genauso wichtig wie die sprachliche Reflexion und das Gespräch,
das als Reaktion Möglichkeiten des Umbaus eröffnet und Umstellungen zulässt. Die Suche
nach einem Konsens aufgrund kollektiver Entscheidungen dient dazu, den Gesamtklang des Raumes zu schärfen.

Wenn die künstlerische Arbeit, die bei einer Probe entsteht, vergleichbar ist mit einem Song,
den die Band bei einer Session einspielt, dann bestimmen alle Künstler/Bandmitglieder
gleichrangig das Bild und den Sound. Am Anfang steht eine Absprache, in der verhandelt wird,
in welchem Zeitrahmen die Werke entstehen sollen, welche Kriterien wichtig sind in Bezug
auf die eigene Inspiration und den spezifischen Ausstellungsraum. Eine zentrale Voraussetzung
ist das gegenseitige Vertrauen darauf, dass jede ihren Teil ’richtig spielt’.
Pudor und Nordmann heben im Gespräch mit der Autorin hervor: “Es geht darum,
einen Gesamtklang zu erzeugen. Das Handeln und die Erfahrung treten in den Vordergrund
“man spricht nicht, sondern ’macht’.” Diese konzentrierte Atmospäre, in der jeder auch
auf das reagiert, was neben ihm geschieht, erfordert eine Definition und ein Ausloten
sowohl des eigenen Anteils an der Arbeit und der persönlichen Urheberschaft als auch der Grenzen der anderen.
Wie lässt sich die Freiheit des einzelnen mit der Gleichheit innerhalb der Gruppe vereinbaren?
Ab welchem Punkt spricht die persönliche Handschrift eine gemeinsame Sprache - ab welchem Moment
wächst der Sound der Band zusammen? Diese ‘Versuchsanordnungen’ verwandeln die beinahe intime Zurückgezogenheit
und Isolation des Künstlers im Atelier in eine soziale Interaktion, in das lebhafte, miteinander
verwobene Zusammenspiel einer Band.


* Antonia Nordmann, zitiert nach dem Film: “Bandprobe– Concert” von Anna Maria Weber, 17 min., Berlin 2011
* Annette Gentz: Bild-Räume, in: Katja Pudor, Temporäre Kunsthalle Leikendorf, 2010

Claudia Funke, Kunstwissenschaftlerin und Galeristin